Leica Summitar 50mm Testbericht
Was hat ein Leica Summitar mit Vincent Van Gogh gemein?
Ganz klar: Neu ist besser! So, oder so ähnlich suggeriert’s die Werbung der Hersteller schließlich. Und häufig passt das auch, aber zum Glück heißt das ja noch lange nicht, dass etwas Altes unbedingt schlecht sein muss. Das Leica Summitar hat seinen ganz eigenen Bildcharakter und schreit einem Fotografen rotzfrech „ICH LIEBE VAN GOGH!“ ins Gesicht.
Geschichte des Summitars
Das 50mm f/2 Objektiv ist ein Klassiker im Leica Sortiment und wurde bereits seit 1939 hergestellt. Seit geraumer Zeit steht auch ein Exemplar was ich auf einem Flohmarkt erstanden habe in meinem Schrank. Die Fokussierung fiel etwas schwer, weil wohl das alte Fett etwas ranzig geworden ist. Die alte Lady von einem Objektiv kann sich das mit seinen etwa 65 Jahren aber auch erlauben. Heute habe ich’s mir endlich zur Hand genommen, aufgeschraubt und etwas gefettet. Nun läuft’s wieder butterweich und macht höllisch Spaß!
Wie sieht so ein Summitar aus?
Das Leica Summitar ist eine äußerst kompakte Linse. Von Beginn des 20. Jahrhunderts bis ca. 1970 wurden die Objektive bei Leitz noch nach dem Ideal „Kompakt ist alles!“ gebaut. So ist es auch nicht besonders überraschend, dass das Summitar ein genau wie die Vorgänger ein zusammenschiebares Objektiv ist. Bei Leica wird diese Gattung der Objektive als „Collapsible“ bezeichnet.
Und so sieht das Summitar übrigens auf der Kamera aus. Zusammengeschoben ist das Objektiv äußerst kompakt.
Optische Leistung
Eins kann ich nicht verleugnen, bei Blende Zwei (f/2) ist nur die Mitte wirklich scharf. Zum Rand hin verliert es ziemlich stark an Schärfe, aber dafür hat’s diesen klassischen ‚Lens Swirl‘. Hätte Van Gogh damals fotografiert, hätte er wohl dieses Objektiv genommen. Ähnlich wie Großformat-Optiken oder der neu aufgelebten Lomo Petzval Linse hat auch das Leica Summitar eine kreisförmige Verzeichnung im unscharfen Bereich, von Fotografen gerne auch „Swirly Bokeh“ genannt. Für den Alltag ist das sicherlich nichts und geht schnell auf die Nerven, aber gezielt eingesetzt ist’s dann doch etwas besonderes.
Aber schaut’s euch einfach selbst auf den Fotos an. Bei stärkeren Kontrasten fällt dieser Look übrigens noch mehr ins Gewicht. Da heute aber ein verregneter Tag ist, gibt’s mich in Kapuze. 😉 Bei Portraits muss außerdem höllisch darauf geachtet werden, dass der Kopf in der Mitte des Bilds ist. Für alles andere reicht die Schärfe am Rand nicht aus.
Das Summitar ist durch die Verzeichnungen aber perfekt für die Frühlingszeit.
Würde ich es mir wieder kaufen? Fazit!
Auf die Frage ob ich mir das Objektiv wieder kaufen könnte, könnte ich euch ehrlich gesagt keine ehrliche Antwort geben. Das Summitar ist einfach der Klassiker in meiner Leica Sammlung. Die Verarbeitung ist der Wahnsinn. Das Gefühl, dass dieses Objektiv irgendwann in den 40ern / 50ern in Wetzlar per Hand zusammengeschraubt wurde, schmeichelt, aber die einzigartige Verzeichnung packt es halt schnell in eine exotische Ecke. Das Objektiv ist im Alltag durch seine starke Verzeichnung am Bildrand eigentlich erst abgeblendet ab Blende f/2.8 zu gebrauchen.
Wenn ich das Objektiv nicht schon hätte, müsste ich wohl zwei, dreimal überlegen, ob ich es wieder kaufen würde. Zu liebgewonnen habe ich inzwischen das Voigtländer Nokton 50mm f/1.5 ASPH mit seiner klassischen, aber scharfen Wirkung bei Offenblende und seiner modernen Zeichnung ab f/2.8. Ein 50mm würde ansich reichen. Das Summitar behalte ich aber gerade wegen des Swirley Bokehs erstmal in meiner Objektivsammlung.
1 Kommentar
Vielen Dank für die Beschreibung!